Anfänge einer nationalen literarischen Kultur in Argentinien und Chile

Die Emanzipationsbewegung der spanischen Kolonien in Amerika führte nach 1810 zur Bildung von neuen Staaten, die sich fortschrittliche demokratische Verfassungen gaben. Schwieriger war die Aufgabe, aus den Bewohnern der Länder eine nationale Gesellschaft zu formen und ihnen das Bewußtsein kultureller Zusammengehörigkeit zu vermitteln. Eine kleine aufgeklärte Bürgerschicht - personas ilustradas - versuchte, diese Entwicklungen mittels des neuen Mediums Zeitung (papeles públicos) zu initiieren. Die Schaffung von Öffentlichkeit durch das gedruckte und verbreitete Wort war die erste Etappe der literarischen Kultur in Ländern wie Argentinien und Chile. Die Literatur im engeren Sinne - Gedichte, Theaterstücke - war funktional den großen politischen Zielen untergeordnet: Organisation des Staates und Erziehung von Staatsangehörigen zu Bürgern im aufklärerischen Sinne.