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Wie man Nachhaltigkeit in die Unternehmenssteuerung integriert, das ist Thema Ihres Buches – mittlerweile in der vierten Auflage. Wie erklären Sie die rapide Entwicklung des Themas?
Auch schon vor Jahren waren viele Manager überzeugt, dass man in der Nachhaltigkeit was machen müsse und dies auch dringend notwendig sei. Aber wie so häufig, reicht die reine Erkenntnis nicht aus, um auch tatsächliche Handlungen abzuleiten. Wir kennen aus unserem privaten Umfeld, dass regelmäßiges Sporttreiben oder eine bewusste Ernährung gesünder sind, aber es viele dennoch nicht machen. Und dass sich eine ganze Organisation ändert, ist nochmals schwieriger. Meist braucht es einen externen Anstoß, dass Menschen oder Organisationen sich tatsächlich anpassen – dann kann dies auch sehr schnell gehen.
Bei der Nachhaltigkeit gaben insbesondere die jüngsten regulatorischen Vorschriften wie der EU-Taxonomie, der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder das Lieferkettengesetz einen Ausschlag für die rasante Entwicklung. Diese Berichtsanforderungen gehen so weit, dass Unternehmen nun tatsächlich aktiv werden müssen und die Nachhaltigkeit zunehmend professionell steuern. Aber auch Investoren, Beteiligungsgesellschaften und Banken üben vermehrt Druck aus, nachhaltig zu handeln. Diese haben erkannt, dass Nachhaltigkeitsrisiken den Erfolg ihrer Investitionen bedrohen.
Welche großen Herausforderungen in Bezug auf nachhaltiges Unternehmertum kommen Ihrer Meinung nach in der nächsten Zeit auf Unternehmen zu?
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Die Anforderung, über die Nachhaltigkeit zu berichten, stellt nur die erste und nicht die größte Herausforderung dar. Wenn man Kennzahlen extern berichtet, gewinnen diese auch intern im Management an Bedeutung. Die Herausforderung ist, das Unternehmen tatsächlich nachhaltig zu steuern und das bisherige Steuerungssystem um ökologische und soziale Ziele zu erweitern. Dies aufzuzeigen ist Ziel des Buches. Durch die komplexen Beziehungen zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen ist es nicht damit getan, nur ein paar weitere Ziele aufzunehmen. Es geht auch um eine Anpassung des Geschäftsmodells, um eine kulturelle Weiterentwicklung, um den Umgang mit Stakeholdern bis hin zu einer optimalen IT-Unterstützung.
Die EU-Richtlinie CSRD soll erstmals für das Geschäftsjahr 2024 Anwendung finden und allein in Deutschland rund 15.000 Unternehmen betreffen. Inwieweit findet dieses Thema in Ihrer Neuauflage Berücksichtigung?
CSRD ist von zentraler Bedeutung für eine sehr große Anzahl von Unternehmen und war deshalb auch einer der Gründe für die umfassende Neubearbeitung. Unternehmen müssen nun über Dinge berichten, die sie bisher oft noch gar nicht kennen und erfasst haben. Auch die Auswirkungen auf die Unternehmenssteuerung sind weitreichend. Erstmals greift nun die sogenannte doppelte Materialität. Unternehmen müssen nicht nur erfassen, wie Nachhaltigkeitsaspekte auf das Unternehmen wirken, sondern sie müssen auch die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Nachhaltigkeitsaspekte erfassen. Dabei geht die Wirkung über die 15.000 Unternehmen sogar noch hinaus, da dies auch auf kleine Lieferanten und Geschäftspartner ausstrahlt.
Sie haben in der 4. Auflage Ihr Werk stark umstrukturiert und ergänzt. Welche Aspekte sind Ihnen dabei besonders wichtig?
Nachhaltigkeit ist mittlerweile so etabliert, dass auf eine umfassende Begründung und auch auf einige grundlegende Ausführungen mittlerweile verzichtet werden kann. Der Fokus wurde sehr viel stärker darauf gerichtet, wie Nachhaltigkeit in den Unternehmen umgesetzt werden kann. Der Druck durch die Regulatorik und durch die Investoren hat an Bedeutung gewonnen, ebenso die Steuerung der Treibhausgasemissionen und die Klimaproblematik. Manche Methoden haben an Bedeutung verloren, andere, wie etwa die Value Balancing Alliance, gewinnen an Bedeutung. Dies wurde entsprechend berücksichtigt. Schließlich gibt es mehrere weitere Themenfelder, die für ein Nachhaltigkeitscontrolling an Bedeutung gewinnen. Dies sind etwa die aus der Nachhaltigkeit resultierenden Risiken, die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle, die Digitalisierung, Green Finance oder auch die kulturelle Dimension.
Was liegt Ihnen bei der Ausbildung der Controller:innen und Manager:innen der Zukunft besonders am Herzen?
Controller:innen und Manager:innen sollten Nachhaltigkeit nicht als etwas Zusätzliches kennen lernen, das neben der traditionellen Betriebswirtschaft erlernt und umgesetzt werden muss. Die Steuerung von Unternehmen kann nur aus einem Guss erfolgen. Ziele und Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt sein. Irgendwann sollte auch in Controlling- und Management-Lehrbüchern eine nachhaltige Perspektive selbstverständlich sein und nicht nur in einem angehängten Kapitel erwähnt werden. Diese integrierte Sichtweise ist mir ein wichtiges Anliegen. Darüber hinaus sollte Nachhaltigkeit zum Selbstverständnis gehören. Rechtfertigen sollte sich nicht der, der nachhaltige Ziele setzt und Maßnahmen ergreift, sondern der, der es nicht tut. Anständiges und verantwortungsvolles Handeln würde zum Normalfall.
Autoreninformation:
Prof. Dr. Ulrich Sailer ist Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Er leitet den Masterstudiengang Controlling und beschäftigt sich insbesondere mit dem Nachhaltigkeitscontrolling und mit der Digitalisierung im Controlling.