mobilesarbeiten
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Veröffentlicht: September 28, 2021||Tags: wirtschaft , vernarrtinwissen , utb_verlag_studium , novitaeten , neuheiten , mobilesarbeiten , management , interview , homeoffice , corona
Die Corona-Situation hat zu einer massiven Transformation der Arbeitswelt geführt. Von jetzt auf gleich wurde für Millionen von Beschäftigten das mobile Arbeiten im Homeoffice zur Realität. Im Future of Work Lab an der Universität Konstanz haben Prof. Florian Kunze und seine Mitarbeiter:innen Kilian Hampel und Sophia Zimmermann diese Entwicklung seit Beginn des ersten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lockdowns im März 2020 durch empirische wissenschaftliche Forschung begleitet.
Im August 2021 erschien nun das Buch „Homeoffice und mobiles Arbeiten? Frag doch einfach!“, in dem der aktuelle Stand der Management- und Organisationsforschung zum Thema Homeoffice und mobiles Arbeiten systematisch aufgearbeitet und über die Fragenstruktur in konkrete Empfehlungen für verschiedene Anspruchsgruppen in der Arbeitswelt und Gesellschaft überführt wurde. 5 Fragen an Prof. Florian Kunze zum Thema:
Seit Juni 2021 ist die Homeoffice-Pflicht vorbei. Schaut man sich die aktuellen Zahlen an, so scheint die Zahl der Beschäftigten im Homeoffice abzunehmen. Versuchen die Firmen nun, den Trend wieder umzukehren?
Wir sehen aktuell in der Tat, dass die Frequenz der mobilen Arbeit in vielen Unternehmen gegenüber der Hochzeit der Corona-Pandemie etwas rückläufig ist. Meine Prognose ist aber, dass Homeoffice und mobiles Arbeiten zur neuen Realität in vielen Organisation, auch nach Corona werden wird. In vielen Firmen werden aktuell Betriebsvereinbarungen getroffen, die eine mobile Arbeitswelt verstetigen. Zusätzlich wird auch durch Bewerber:innen, die mobiles Arbeiten als Selbstverständlichkeit ansehen, zunehmend Druck auf die Arbeitgeber ausgeübt werden, solche flexiblen Arbeitsmodelle auch langfristig anzubieten.
Viele bemängeln, dass durch Homeoffice die Unternehmenskultur leidet. Sie beschreiben in Ihrem Buch „Homeoffice und mobiles Arbeiten? Frag doch einfach!“ wie sich der Teamzusammenhalt in virtuellen Teams stärken lässt. Wie funktioniert das?
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Für erfolgreiche virtuelle Zusammenarbeit in Teams ist es essenziell, dass eine Vertrauenskultur erarbeitet wird. Wichtig hierfür ist es, eine Kultur der psychologischen Sicherheit zu kreieren, in der Kritik, Fehler und Probleme offen diskutiert werden können. Führungskräfte sind hier besonders in ihrer Vorbildrolle gefragt, um eine solche Kultur zu schaffen.
Manche Arbeitgeber bezweifeln die Produktivität ihrer Beschäftigten im Homeoffice. Sie haben in Ihrer Studie die Produktivität der Kommunikationstools untersucht. Mit welchem Ergebnis?
Interessanterweise sind asynchrone Kommunikationstools, wie E-Mails von den Mitarbeitenden am höchsten in ihrer Produktivität eingeschätzt worden. Dies bedeutet aber nicht, dass man auf synchrone Kommunikation, wie zum Beispiel in Videokonferenzen komplett verzichten sollte. Videokonferenzen, auch wenn diese von unseren Studienteilnehmenden als sehr belastend angesehen werden, haben ihre Berechtigung und ihren Nutzen, wenn es darum geht, in einer virtuellen Beziehung Vertrauen und einen sozialen Zusammenhalt zwischen Teammitgliedern zu entwickeln.
Trotzdem die Homeoffice-Pflicht vorbei ist, gibt es viele Angebote der Unternehmen für ihre Beschäftigten: Freiwilliges Rückkehr-Angebot ins Büro oder Übergangsfristen. Durch die moderate Impfbeteiligung in Deutschland befürchten viele Unternehmen aber einen Corona-Herbst. Wird die Anzahl der Mitarbeiter:innen, die ins Homeoffice gehen, dann wieder steigen?
Wenn wir eine neuerliche Verschärfung der Coronalage erfahren, ist es durchaus möglich, dass mobiles Arbeiten auch wieder zum Gesundheits- und Infektionsschutz eingesetzt werden wird. In unsere Konstanzer Homeoffice Studie haben wir gesehen, dass dies auch sehr sinnvoll ist. So gab es im vergangenen Winter um den Faktor 8 erhöhte Infektionszahlen in den Betrieben, in denen weiter viele Präsenzmeeting stattgefunden haben, im Vergleich zu den Betrieben, die stark auf virtuelle Zusammenarbeit gesetzt haben.
„Hybride Arbeitsmodelle“ sind nun im Gespräch. Firmen wollen die Vorteile des Büros und des mobilen Arbeitens so gut es geht miteinander verbinden. Was bedeutet das konkret? Was kommt auf die Unternehmen zu?
Hybride Arbeitsmodelle sind in der Tat die Herausforderung für Unternehmen und Mitarbeitende, um die Veränderungen, die sich durch Corona ergeben haben, jetzt erfolgreich in nachhaltige Arbeitsprozesse zu überführen. Dafür müssen sowohl die Voraussetzungen einer erfolgreichen mobilen Arbeitsumgebung geschaffen werden wie eine ausreichende IT-Ausstattung im Homeoffice und Führungskräfte, die für das mobile Arbeiten geschult sind. Gleichzeitig müssen die Organisationen auch stärker darauf hinarbeiten, dass ihre Büroumgebung eine stärker soziale Interaktion und einen informellen Austausch zwischen den Beschäftigten ermöglicht. Denn wenn Mitarbeitende bewusst einige Tage pro Woche ins Büro kommen, sollte ein großer Teil der Zeit, die sie dort verbringen auch für soziale Interaktionen genutzt werden, die besonders für kreative Ergebnisse in Teams, Abteilungen und ganzen Unternehmen unerlässlich sind.
Autoreninformation:
Prof. Dr. Florian Kunze ist Professor für Organizational Studies an der Universität Konstanz. Er hat an der Universität St. Gallen promoviert und an mehreren renommierten internationalen Universitäten geforscht und gelehrt. Seine Forschungsinteressen liegen in der Digitalisierung der Arbeitswelt, Generationenmanagement in Unternehmen und erfolgreiche Führung für Individuen, Teams und Unternehmen. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit berät Professor Florian Kunze regelmäßig Organisationen zur erfolgreichen Implementierung einer effektiven Führungskultur und Personalmanagementpraktiken.