Elisabeth Schulze-Witzenrath

Großstadt und dichterischer Enthusiasmus Baudelaire, Rilke, Sarraute

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Als Gegenstand dichterischer Begeisterung wurden die Großstadt und das Erlebnis der Menschenmenge erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt, als Charles Baudelaire ihnen seine „Tableaux parisiens“ und die Prosagedichte des Spleen de Paris widmete. Ein halbes Jahrhundert später setzte sich Rainer Maria Rilke in den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, die u.a. seine Pariser Erlebnisse festhalten, mit Baudelaires Bild der Großstadt und des Dichters auseinander und gab ihm die Form des „Leidens an der Stadt“. An beide knüpft noch einmal Nathalie Sarraute an, deren Ich-Erzähler in Portrait d’un inconnu mit seiner Tropismensuche den Übergang zum ‚nouveau roman‘ vollzieht.
Im Zentrum von Baudelaires Forderung nach künstlerischer „modernité“ steht seine Überzeugung, dass auch die Großstadt ein Gegenstand dichterischer Begeisterung sein kann. Er sah die Aufgabe des Dichters in der Vermittlung eines beglückenden Zustands, den er in der Großstadt im neuen Erlebnis der Menschenmenge fand. Diese Vorstellung setzte er auch in seinen Gedichten um, zunächst in den Versgedichten der „Tableaux parisiens“, später in den Prosagedichten des Spleen de Paris. Ein halbes Jahrhundert später begegnete ihnen Rainer Maria Rilke, der aus der deutschen Provinz nach Paris kam und seine Erlebnisse dort in den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge festhielt. Rilkes Auseinandersetzung mit dem von Baudelaire gezeichneten Bild der Großstadt und des Dichters äußert sich vorrangig in der Form des eigenen „Leidens an der Stadt“, was seinen Grund in nationalen und epochalen Unterschieden ebenso wie in divergenten Psychogrammen beider Autoren hat. An das Bild des Dichters, der in der Stadt seine Inspiration sucht, knüpft schließlich noch einmal Nathalie Sarraute in ihrem Erstling Portrait d’un inconnu an. Ihr Ich-Erzähler vollendet die im Spleen de Paris und in den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge begonnene Auflösung der klassischen poetischen Sprech- und Gattungsformen durch den Übergang zum ‚nouveau roman‘.
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ISBN 978-3-8233-8162-4
EAN 9783823381624
Bibliographie 1. Auflage
Seiten 422
Format kartoniert
Ausgabename 18162
Auflagenname -11
Autor:in Elisabeth Schulze-Witzenrath
Erscheinungsdatum 21.08.2017
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„Die vorliegende Studie ist ein höchst origineller und in vieler Hinsicht überzeugender Versuch, das Großstadt-Motiv in seiner poetologischen und formalen Bedeutung zu erfassen: In einem sehr gut lesbaren Parcours, der Epochen-, Sprach- und Gattungsgrenzen souverän überschreitet, wird der Nexus von Großstadterfahrung und dichterischem Enthusiasmus in seiner poetologischen Kontur, in der daraus abgeleiteten literarischen Praxis und in seiner enormen Prägekraft nachvollziehbar.“

Romanische Forschungen (2018) / 05.01.18